Kopenhagen: Die überraschende Hauptstadt

Abstand vom Alltag, neue Eindrücke, ungestörter Urlaub mit der Liebsten. Drei Tage Kopenhagen standen an. Dänemarks Hauptstadt ist immer wieder eine Reise wert. Obwohl sie relativ klein ist und die Wege kurz sind, ist sie eine Metropole. Touristen kommen aus der ganzen Welt, das Sprachenwirrwarr ist beeindruckend. Trotz der enormen Bierpreise platzen die Pubs aus allen Nähten. Der süßlich-scharfe Duft von Hotdocgs erfüllt die Straßen. Allerorten erklingt meist melancholische Livemusik. Bei strahlendem Sonnenschein genießen wir eine geführte Hafenrundfahrt – für einen Hamburger kaum vorstellbar, sie kommt ganz ohne abgeschmackte Kalauer aus -, ein schöner und informativer Spaß. Das offene Boot windet sich durch die schmalen Kanäle. Immer wieder werden wir aufgefordert, sitzen zu bleiben, da die Brücken sehr niedrig sind. Unsere Touren-Leiterin berichtet in fließendem englisch, spanisch und dänisch über moderne Architektur, über Hausboote und deren Bewohner, gibt Restaurant-Tipps und führt in Dänemarks königliche Geschichte ein.

Ebenfalls bei sommerlichem Wetter fahren wir am nächsten Tag nach Helsingør. Hier steht – rund 40 Minuten entfernt vom Kopenhagener Hauptbahnhof – das Hamlet-Schloss Kronborg. Dass es die historische Person Hamlet höchstwahrscheinlich nicht gab und sie sicher nie in diesem Schloss war, tut den Besucherströmen auf Kronborg keinen Abbruch. Schließlich hatte Shakespeare hier seinem erfundenen Hamlet „Sein oder Nichtsein“ sagen lassen. Und in der Tat lohnt sich ein Ausflug nach Helsingør. Fasziniert waren wir von den Kasematten, den düsteren, schaurig kalten, feuchtschimmeligen Keller-Anlagen. Hier hatten dereinst rund 1000 Soldaten und deren Proviant für sechs Wochen Platz gefunden. Heute wäre man wenig überrascht, wenn plötzlich Hamlets Geist dort auftauchen würde. Überall zweigen noch dunklere, noch kältere Räume ab, unter den Füßen knirschen Erde und Geröll. Es tropft von den Decken. Unebene Treppen führen in noch tiefere Tiefen. Gänge werden schmaler und schmaler. Die eigenen Schritte hallen mancherorts wie in einem Horrorfilm. Ein unheimlicher Kontrast zu Kopenhagen im Sommer.

Dass Kopenhagen eine Weltoffene Metropole ist, die ihren Touristen viel überraschendes bietet, zeigte sich nicht nur im Tivoli. Der Freizeitpark liegt direkt am Hauptbahnhof und bietet Gastronomie, Fahrgeschäfte, Theater und Konzerte. Wir hätten mit unserem Ticket zum Beispiel die Kaiser Chiefs live und open air sehen können. Stattdessen gingen wir in die City. Dort erwartete uns ein überfüllter Rathausmarkt, auf dem eine ältere Dame eine flammende, englischsprachige Rede für Freiheit, Toleranz und Respekt hielt. Es war Kopenhagens sozialdemokratische Bürgermeisterin Ritt Bjerregaard. Wir waren zufällig auf der Eröffnungsfeier der World Out Games, einer Art olympischer Spiele der Lesben, Schwulen und Transsexuellen. Ich wusste bis zu diesem Moment nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Reisen bildet.

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

2 Kommentare zu „Kopenhagen: Die überraschende Hauptstadt“

  1. Ok, Kopenhagen ist auf der Liste der zu besuchenden Orte abgespeichert 🙂

    Was ich allerdings nicht verstehen kann: wie kann man die Gelegenheit eines KC-Konzerts nicht wahrnehmen, tsts.

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  2. Zugegeben: das ist schwer zu verstehen. Wir waren so um sechs im Tivoli und haben erst dort entdeckt, dass die Chiefs spielen würden. Wir wussten nicht, wann das Konzert losgehen sollte – später erfuhren wir, dass es um zehn war. So groß und abwechslungsreich ist das Tivoli auch wieder nicht, dass man dort den ganzen Abend genüsslich totschlagen möchte. Um neun hatte das Konzert immer noch nicht begonnen, der Regen nahm zu, und wir wollten noch ein bisschen von der Stadt mitbekommen. Nächstes mal gehen wir besser erst um Acht ins Tivoli. Dort finden Freitags immer irgendwelche Konzerte statt.

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