Von Kunsthalle bis HSV: Hamburger Museen machen mit beim #Sehbehindertentag

Blind durch ein Museum zu gehen, ist häufig nicht sehr erfreulich. An den Wänden hängen nur Fotos und Texte in Schwarzschrift. Und selbst wenn es Ausstellungsstücke gibt, die eigentlich ertastbar wären, sind diese in der Regel hinter Glas versteckt oder mit einem Schild „Nicht berühren“ versehen. Audioguides sind meistens für sehende Besucher gemacht – sprich: man kann sie ohne Hilfe nicht bedienen und die aufgesprochenen Texte sind mehr eine Ergänzung für den sehenden Besucher, erschließen aber dem blinden Zuhörer nicht die Ausstellung. Und auch eine geführte Tour arbeitet häufig mit Sätzen wie „Links sehen Sie jetzt…“.

Anders war das in dieser Woche in rund 70 Museen in Deutschland, allein sieben davon in Hamburg. Exponate wurden herumgereicht, gingen von Hand zu Hand. Gemälde wurden von Experten detailliert beschrieben. Anlässlich des diesjährigen Sehbehindertentags am 6. Juni fanden – initiiert vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband und dem Deutschen Museumsbund – landesweit Aktionen zum Thema „Sehbehindert im Museum“ statt. In Hamburg gab es zum Beispiel einen Buchdruck-Workshop im Museum der Arbeit, eine blinden- und sehbehindertengerechte Führung durchs Polizeimuseum und eine durch das internationale maritime Museum.

Ich selbst war bei zwei Terminen dabei: zum einen bei einer Führung durch die Kunsthalle. Detaillierte Bildbeschreibungen von Edvard Munchs Madonna oder von Werken der Künstlergruppe „Die Brücke“ waren aufschlussreich und machten deutlich, warum diese Künstler zu ihrer Zeit einen Skandal nach dem nächsten verursachten. Gleichzeitig stellte die Kunsthalle eine barrierefreie Audio-Version ihres Ausstellungskatalogs vor, die zum Beispiel in der Norddeutschen Blindenhörbücherei ausgeliehen werden kann, aber auch in Zukunft online auf der Website der Kunsthalle veröffentlicht werden soll.

Für mich als Fan war zum anderen der Besuch im HSV-Museum ein Pflichttermin. Mehr als zwei Stunden lang führte uns Niko Stövhase, der Leiter des Museums und seines Zeichens wandelndes HSV-Lexikon, durch die 131jährige Vereinshistorie. Wir ertasteten Trikots und Fußbälle aus der Vergangenheit und verglichen sie mit den leichten Modellen von heute, erhielten detaillierte Beschreibungen des alten Stadions am Rothenbaum oder der Spind-Zeichnungen von Kevin Keegan und Franz Beckenbauer.

Und nicht nur die blinden und sehbehinderten Besucherinnen und Besucher waren begeistert. Sowohl in der Kunsthalle als auch im HSV-Museum hatte ich den Eindruck, dass die Museums-Mitarbeiterinnen und –Mitarbeiter den Sehbehindertentag als große Bereicherung empfanden. Und noch etwas wurde deutlich: Der 6. Juni war ein guter Anlass, aber die Angebote für blinde und sehbehinderte Menschen sollen keine Eintagsfliege sein. Vielmehr werden die gemachten Erfahrungen in die Arbeit der Museen einfließen, es wird auch in Zukunft Touren für unseren Personenkreis geben. Museumsbesuche werden endlich auch für blinde und sehbehinderte Menschen eine Bereicherung, eine Freude sein.

Inklusionsblog: Eine Übersicht meiner bisherigen Posts

Seit Juli 2011 schreibe ich Beiträge für das Inklusionsblog der Aktion Mensch. Aus drei Autoren zu Beginn sind inzwischen neun Blogger geworden. Viele ganz persönliche Texte wechseln sich mit Sachinfos rund um Inklusion ab. Schauen Sie doch einmal rein. Im Folgenden finden Sie hier eine Übersicht der Artikel, die ich bisher im Inklusionsblog veröffentlicht habe:

  • Theater inklusiv: Die Randgruppe in der Abstellkammer – Alles wird gut. So heißt ein Theaterstück, das im Mai 2011 Premiere in Köln hatte. Das Besondere: Das Ensemble bestand aus Menschen mit und ohne Behinderung… Mehr
  • Studieren als Blinder: Das Unausgesprochene aussprechen – Geballte Unsicherheit schlug mir entgegen, immer wenn ich mich mit einer Referatsgruppe bekannt machte. Meine Kommilitoninnen und Kommilitonen konnten sich nicht vorstellen, wie „der Blinde“ mitarbeiten sollte… Mehr
  • PR-Ausbildung für Blinde und Sehbehinderte: Endlich ein „normaler“ Job – Public Relations (PR) – deutsch: Öffentlichkeitsarbeit – ist für blinde und sehbehinderte Menschen ein recht neues Berufsfeld. Seit Ende der 90er Jahre bildet die Stiftung für Blinde und Sehbehinderte Frankfurt/Main (SBS) PR-Assistenten und PR-Berater aus… Mehr
  • Endlich selbstbestimmt: Eigene Wohnung statt Heim – Wie will ich wohnen? Diese Frage ist zentral in unserem Leben. In der Wohnung können wir uns verwirklichen… Mehr
  • Blind wohnen: Über Füße im Futter und verschollene Korkenzieher – „Benutzt Du den weißen Stock auch in Deiner Wohnung?“, „Kannst Du als Blinder kochen und putzen?“, „Hast Du einen Betreuer?“ – Fragen wie diese stellen mir sehende Menschen… Mehr
  • Judo mit Behinderung: Wenn sich Vereine öffnen – Behindertensportler bleiben häufig unter sich. Sie haben ihre eigenen Olympischen Spiele, die Paralympics. Häufig trainieren sie in speziellen Vereinen… Mehr
  • Kunst für alle: Auch Hände können sehen – Meine Hände gleiten über das Relief. Mal ist es glatt, mal rau – aber nie fühlt es sich unangenehm an… Mehr
  • Rollstuhl-Karate: Schön und elegant – Karate und Behinderung, das ist für viele Menschen unvereinbar. Sie denken bei diesem Kampfsport an fitte Menschen, die sich messen – unter Einsatz ihres gesamten Körpers… Mehr
  • Urlaub inklusiv: Gemeinsam mehr entdecken – Sanft legt sie meine Hand auf das weiche Holz. So fühlt sich also eine ausgewachsene Palme am andalusischen Strand an… Mehr
  • Beruf inklusiv: Fester Job im Hotel – Während im ganzen Land über schulische Inklusion diskutiert wird, ist Inklusion auf dem Arbeitsmarkt bisher eher selten ein Thema. Wenn Medien darüber berichten, dann ist es häufig die Lokalpresse, die von ersten Positivbeispielen berichtet… Mehr
  • Blind im Internet: Kommunizieren auf Augenhöhe – Immer mehr Menschen mit einer Behinderung nutzen das Internet, um sich zu informieren und zu kommunizieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Erhebung der Aktion Mensch, die im Frühjahr dieses Jahres veröffentlicht wurde… Mehr
  • Inklusion in der Schule: Das Verschiedensein ist normal – „Wer als Kind schon früh und intensiv erlebt, wie normal das Verschiedensein ist, der wird in aller Regel auch später als Erwachsener Menschen mit Behinderung offen und ungezwungen begegnen“, sagte Bundespräsident Christian Wulff dem Tagesspiegel. Dass er recht hat, beweisen drei Kinder – Laura, Maike und Josia. Mehr

Was für die Ohren: Krach und Stille

Nach Tobys Blogwichtel-Beitrag gibt es heute erneut etwas auf die Ohren. Was haben ein Presslufthammer und ein schnarchender Ehemann gemeinsam? Warum ist Stille nicht still? Welche Geräusche prägen unseren Alltag? Welche Rolle spielen sie für blinde Menschen?

Robbie Sandberg begibt sich in seinem Beitrag auf eine Gradwanderung zwischen Krach und Stille (eine Sendung von Blinde & Kunst e.V. im Rahmen von “Ohrenblicke – Radiokunst von Blinden & Sehenden”). Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit diesem hörenswerten Beitrag und bedanke mich bei Robbie dafür, dass er auch mich zum Thema befragt hat.

Kultur-Woche in Hamburg: Kunst für alle Sinne

Kultur verbindet. Über 130 blinde, sehbehinderte und sehende Künstlerinnen und Künstler werden sich in der kommenden Woche in Hamburg präsentieren. Das Spektrum reicht von klassischer Musik, über Jazz und Rock, über Lesungen und Musicals, bis zu Bilder-Ausstellungen. Die Kultur-Woche findet in so renomierten Häusern wie dem Ernst-Deutsch-Theater, der Fabrik oder der Markthalle statt. Hiermit erfährt die Kunst blinder und sehbehinderter Menschen eine Wertschätzung, die sie aus der sozialpädagogischen Wohlfühl-Ecke herausholt. Bisher ist es noch häufig so, dass das nichtbehinderte Publikum nicht die Werke sieht, sondern vor allem die Behinderung der Macher. Bewusst steht in der kommenden Woche der Gedanke der Inklusion im Mittelpunkt: sehende und blinde Menschen entdecken gemalte Kunst – mit Händen und Augen. Behinderte und nichtbehinderte Schauspieler stehen zusammen auf der Theater-Bühne oder machen gemeinsam Musik.

So haben Sie, geneigte Blind-PR-Leserschaft, auch letztmalig die Chance, das See-Musical „Blinde Passagiere“ in Hamburg zu erleben. Das Stück, in dem ich als blinder Schauspieler einen sehenden Capitano spiele, ist eine turbulente Geschichte um Fernweh, Sehnsucht und Liebe. Unser Musical mit neu arrangierten Schlagern der 50er Jahre spielen wir am kommenden Montag, 23. August 2010, in der Markthalle.

Im Louis-Braille-Center des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg (BSVH) wird am Dienstag, 24. August eine Ausstellung des Malers Horst W. Müller eröffnet. Das Motto: „Auch Hände können sehen“. Das Besondere an Müllers farbfrohen Bildern ist, dass sie nicht nur etwas für das kunstbegeisterte Auge sind, sondern ausdrücklich berührt werden sollen. Das wird sicherlich eine spannende Erfahrung für alle Besucher der öffentlichen Vernissage, mit Händen und Augen, als blinde, sehbehinderte oder sehende Menschen Müllers Werk zu erkunden. Schauen Sie doch auch rein, am Dienstag, 24.08. um 18 Uhr. Das Louis-Braille-Center finden Sie im Holsteinischen Kamp 26 in unmittelbarer Nähe zur U3-Haltestelle Hamburger Straße. Mehr Infos zur Ausstellung finden Sie auf bsvh.org.

Das vollständige Programm der Kultur-Woche finden Sie auf den Internet-Seiten der Hamburger Blindenstiftung. Dort können Sie Eintrittskarten bestellen, und Sie finden auch Infos über das Sport- und Rahmen-Programm. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Kultur-Woche. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei.

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