Nach der Bestrahlung: „Heiko, wie geht’s Dir?“

„Heiko, wie geht’s Dir?“, fragen mich Freunde, Bekannte und Angehörige. Eine einfache Antwort gibt es da eigentlich nicht.

Klar, es geht mir körperlich deutlich besser als kurz nach meiner Operation. Auch gibt es immer häufiger Tage relativer Leichtigkeit – bei einem sonnigen Spaziergang mit Anna an der Elbe, bei einem guten Essen oder einem lustigen Gespräch mit Freunden. Aber gut ist anders.

Was ist seit meinem letzten Blogpost passiert?

Vor allem wurde ich bestrahlt. 28 Termine, verteilt auf sechs Wochen. Heißt: Jeden Werktag – zweimal auch an einem Sonntag – mit dem Taxi ins Universitätsklinikum Eppendorf, zur Tomotherapie, in einen kalten Raum mit Hightech-Gerät. Über das Bestrahlungsgerät, das in meinem Fall genutzt wurde, heißt es auf der UKE-Homepage:

Das Bestrahlungsgerät ist eine Fusion aus einem Linearbeschleuniger und einem Computertomographen. Hierdurch sind sowohl tägliche Kontrollen als auch sehr exakte Korrekturen der Bestrahlung möglich. Die aufwendige inverse Bestrahlungsplanung führt zu einer sehr guten Schonung der Risikoorgane. Diese bildgeführte Radiotherapie stellt weltweit eine der modernsten radioonkologischen Verfahren dar. Eingesetzt werden kann die TomoTherapy zur Behandlung vieler verschiedener Tumore. Hierzu gehören u.a. das Prostatakarzinom, Kopf-Hals-Tumore, Hirntumore und Lungenkarzinome. Außerdem erlaubt uns die TomoTherapy, zukünftig sehr komplexe Zielvolumina noch optimaler zu bestrahlen.

Und tatsächlich hielten sich die Nebenwirkungen bei mir in erträglichen Grenzen. Keine Hautreizungen, keine Übelkeit, lediglich müde war ich Phasenweise. Vor allem in den Tagen nach dem letzten Termin hab ich sehr viel geschlafen. Da kam sicherlich hinzu, dass sich meine seelische Anspannung mit Abschluss der Therapie etwas gelegt hat.

Neben der Strahlentherapie hatte ich noch ein paar Nachsorge-Untersuchungen – Blutabnahme, Ultraschall. Und sonst?

Sonst gehen die Wochen so ins Land. Bereits seit Anfang März bin ich krankgeschrieben, war ich nicht mehr auf der Arbeit, konnte ich nicht mehr bei meinem tollen Team im Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg sein. Von einem Tag auf den anderen war mein Alltag weg.

Der Körper heilt – langsam, aber stetig -, konnte ich Ende April höchstens eine Viertelstunde spazieren, sind es heute mehrere Stunden. Dennoch brauch ich danach deutlich länger als früher, um mich zu erholen. Auch sehr langes Konzentrieren ist manchmal fast schon körperlich anstrengend.

Da ist es doch ein Glück, dass seit einigen Monaten die Quizduell-App barrierefrei ist, so dass sie auch von blinden Menschen genutzt werden kann. Ich mache davon Gebrauch, muss ich mich doch nicht langanhaltend konzentrieren, aber das Gehirn bleibt dennoch gefordert. Also, wenn Sie mit mir ein bisschen Quizduell spielen möchten, mich tät’s freuen. Mein Spielername ist HeikoKunert.

Glücklicherweise kann ich inzwischen wieder alles essen, was mir schmeckt. Zunächst musste ich auf scharfes Essen, rohes Gemüse, Zwiebeln, fettiges Essen, Schokolade verzichten. Das geht nun alles wieder. Und ein leckeres Essen tut ja auch der Seele gut, zumal wenn man es mit guten Freunden verbringt…

Hörbücher begleiten mich durch die Zeit der Genesung. Seien es Brunetti-Krimis von Donna Leon, „Kapital“ von John Lanchester, Murakamis „Die Pilgerjahre des Farblosen Herrn Tazaki“, „Brennen muss Salem“ von Stephen King oder die Bibel. Für viele Genres ist gerade Zeit.

Und auch Musik ist mir ein wertvoller Begleiter in schwierigen Zeiten: Sei es, dass sie melancholische, nachdenkliche Phasen untermalt oder aber dass sie mich in die unbeschwerte, gute alte Zeit trägt oder aber beschwingt in die Zukunft blicken lässt. Meinen aktuellen Soundtrack können Sie übrigens nachhören, einfach auf meine Sternchen-Liste bei Spotify surfen und dort am besten auf „Zufällige Wiedergabe“ klicken – dann hören Sie sehr schöne Musik, finde ich.;-)

Und in der kommenden Woche beginnt meine Anschlussheilbehandlung, wie das so schön heißt. Und auch hierzu ist meine Gefühlslage ambivalent. Einerseits freue ich mich, dass es weiter geht, dass ich wieder fitter gemacht werden soll. Ich hoffe, dass mir Termine mit Physiotherapeuten, Psychologen und Sozialberatern helfen werden. Andererseits bin ich wieder in einer Einrichtung, einer Klinik, drei Wochen lang. Kann man sich darauf wirklich freuen? Immerhin ist die Klinik an der Ostsee – und das ist doch auch mal was…

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