Der ganze Kontinent – mit Ausnahme der Schweiz – ist im Fußballrausch. Dem Verfasser dieser Zeilen geht es da nicht anders. Er
ist eingespannt in ein grandioses Tippspiel, bei dem sechzehn Kästen Bier winken. Gut, er ist zurzeit nur auf dem elften von
sechzehn Plätzen, aber er hofft, ähnlich wie die deutsche Nationalmannschaft, noch auf eine Leistungssteigerung. Bei den
Bonustipps hat er streng patriotisch getippt: Deutschland wird Europameister. Zu mutig? Ach was, die Deutschen sind doch eine Turnier-Mannschaft! Heute Abend ist
der Moment der Wahrheit. Dann wird sich zeigen, was drin ist für uns. Und wie sagt Lukas so schön? „Wichtig is‘ auf’m Platz!“ Recht
hat der Mann. Das Gerede von Favorit und Außenseiter, von Ronaldos Wunderschüssen und Löws Bank-Sperre ist ab 20:45 Uhr
unerheblich. Hoffen wir auf die Eigendynamik, die König Fußball entfalten kann.
Als ich noch ein kleiner Bub war, da wurde auf NDR2 immer empfohlen, den TV-Ton bei Fußball-Spielen leise zu drehen und statt
dessen die Radio-Reportage laufen zu lassen. Das war auch eine tolle Sache, so konnte mein Vater den Ball über den
80er-Jahre-Fernseher laufen sehen, und ich war per Audiokommentar ebenfalls am Ball. Die digitale Technik hat mir einen Strich
durch die Rechnung gemacht. Heutzutage ist nämlich nichts mehr mit TV und Radio gleichzeitig. Dank digitaler und
Satelliten-Übertragung ist das Radio bis zu 20 Sekunden schneller als das TV-Bild. Und das ist für sehende Zuschauer etwas gemein,
wenn der Torschrei von Manni Breugmann schon über die Lautsprecher tönt, während Michael Ballack sich den Elf-Meter-Ball noch
zurecht legt. Mein Tipp für heute Abend: sechs zu fünf für Deutschland nach Elf-Meter-Schießen!