Andalusischer Herbst: Sonne, Geschichte, Flamenco

Heiko in Almunecar, im Hintergrund die Berge
Heiko in Almunecar, im Hintergrund die Berge

Während der Herbst in Deutschland allmählich in den Winter überging, gönnten die bezaubernde Anna und ich uns eine Woche Sonnenschein. Wir machten Urlaub in Andalusien, genauer in Almuñécar, einer kleinen Stadt im Herzen der Costa Tropical. Bei rund 20° konnten wir vormittags den starken spanischen Kaffee trinken, danach barfuß am Strand spazieren und durch die alten, engen Gassen schlendern. Das Leben spielt sich im südlichen Teil des spanischen Festlandes auch im Herbst maßgeblich unter freiem Himmel ab. Fröhlich geht es zu. Laut schnattern die Leute durcheinander. Die angenehmen Temperaturen – von durchschnittlich 18° im Winterhalbjahr und meist nicht mehr als 26° im Sommer – und die scheinbare Leichtigkeit des Alltags haben viele Nordeuropäer angelockt: Der Betreiber des kleinen Supermarktes, in dem wir unsere Besorgungen machten, war ein Schotte, ein Engländer verkaufte handgefertigten Schmuck, ein Frazösisches Pärchen betrieb das Mexikanische Restaurant, selbst ein Schwedisches Café fanden wir.

Und selbst wenn das Wetter einmal etwas kühler ausfiel (sprich: Regen, 16°), bot unser Urlaubsort Abwechslung: Die Maurische Burg San Miguel ließ Geschichte lebendig werden, Überreste eines Römischen Aquäduktes konnten besichtigt werden, im Vogelpark plauderten wir mit Kakadus.

Almuñécar liegt rund eine Autostunde von Málaga und Granada entfernt. Während wir von Málaga nur einen kurzen Eindruck des prunkvollen neuen Zentrums und einen etwas ausführlicheren Eindruck des wenig sehenswerten Flughafens erhaschen konnten, konnten wir Granada mit mehr Ruhe genießen: Das turbulente Leben auf den Straßen, die spannende Geschichte, der Duft von süßem Tabak aus orientalischen Wasserpfeifen, das Panorama der verschneiten Sierra Nevada. Die Sehenswürdigkeit schlechthin ist hier die Alhambra. Die Stadtburg ist der Inbegriff der einst so blühenden Islamischen Kultur der Mauren in der Region. Sie gehört seit 1984 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Apropos: Just in unserer Urlaubswoche wurde der Flamenco ebenfalls zum Weltkulturerbe ernannt. Und Spanien ist stolz. Wie wir live erleben durften, auch vollkommen zurecht. Eine Woche war – wie man so sagt – viel zu kurz. Etwas melancholisch flogen wir zurück in den deutschen Winter. Aber wir kommen wieder, bestimmt.

England: Von Insel-Ruhe und London-Trubel

Ruhe fanden wir auf der Isle of Wight. Die Insel liegt vor den Toren von Southampton und Portsmouth. Mir war sie bisher nur vom Rockfestival bekannt, auf dem 1970 u. A. die Doors und Jimi Hendrix gespielt hatten. Mit Zug und Fähre kamen wir auf die Isle. Hier verbringen viele Engländer ihren Sommerurlaub. Das ist verständlich. neben einer abwechslungsreichen Gastronomie und einer Reihe von Shopping-Möglichkeiten findet man Strände zum Baden im kalten Ärmelkanal, allerlei Historisches (von Dinosaurier-Knochen bis zu Ruinen aus der Römerzeit) und Zoos (auch hier hätten wir wieder Eulen streicheln können). Wunderschön fand ich es in Freshwater, genauer in der Freshwater-Bay, noch genauer auf den grünen, steilen Hügeln an der Freshwater-Bay. Nur wenige Gehminuten bedurfte es, um keine Menschenstimme und kein Auto mehr zu hören. Der Duft satter Wiesen, von Pferdeäpfeln und salzigem Meer, dazu das Rauschen des frischen Windes, der immer mehr zunahm, je weiter wir bergauf kamen, das Piepsen kleiner Vögel, das Tapsen von Ziegen, die hier grasten. Den Rundumblick hat die bezaubernde Anna in einem kleinen Video festgehalten (Achtung: der Wind rauscht stark in den Lautsprechern):

Nach zwei entspannten Tagen auf der Isle of Wight, ging es zurück auf das Festland, das ja eigentlich auch nur eine Insel ist. Diesmal nahmen wir aber nicht die Fähre, sondern ein Luftkissenboot. Mit ihm rauscht man von der Isle of Wight nach Portsmouth.Mir kam es fast ein bisschen futuristisch vor, wie die Propeller sich drehten, es brummte und man das Gefühl hatte, über das Meer zu schweben. . Aber sehen Sie selbst:

Wir mussten nun langsam – ob wir wollten oder nicht – eine Strategie für die Rückfahrt gen Deutschland entwickeln. Nachdem wir erkennen mussten, dass ein Kurztrip auf die Channel-Islands aufgrund der begrenzten Zeit mehr Stress als Entspannung bedeutet hätte, entschieden wir uns für das krasse Gegenteil zu einer beschaulichen Insel: Wir fuhren nach London (man kommt in England an der Hauptstadt einfach nicht vorbei – und das ist auch gut so). Wir genossen den Trubel, den Pulsschlag des Westens und die Atmosphäre der Pubs. Mehr zufällig gerieten wir in den riesigen Bohei rund um die Wachwechsel vorm Buckingham Palace, ließen die Kapelle an uns vorüberziehen (Audio: Kapelle vorm Wachwechsel am 29.07.10), um dann im Hyde Park Eichhörnchen zu füttern. Und selbstredend durfte der obligatorische Camden-Bummel incl. T-Shirt- und Schmuckkauf nicht fehlen. Wenn man könnte, müsste man sich dort zweimal jährlich einkleiden, traumhaft) Mit solchen Ideen und weiteren Reisezielen für den nächsten England-Aufenthalt im Kopf stiegen wir nach acht Tagen Spontan-Urlaub wieder in den Eurostar-Zug. Goodbye England – wir kommen wieder!

Reiseziel Brüssel: Atmosphäre und Armut

Raus aus dem Alltag mit seiner Vorhersehbarkeit, hinein in den Westen Europas. Die bezaubernde Anna und ich setzten uns an einem Donnerstag in den Zug nach Köln und fuhren von dort weiter in die belgische Hauptstadt Brüssel (zusammen knapp sechs Stunden). Ich gebe zu, dass wir die Stadt nur als Zwischenstopp auf dem Weg nach England ansahen. Den Meisten geht es wohl so, dass Brüssel nicht auf Platz Eins der Reiseziele steht. Und doch ist es eine interessante Stadt, soweit man das nach 24 Stunden Aufenthalt fundiert beurteilen kann.

Die Atmosphäre im Zentrum der Stadt, vor Allem auf dem Grand-Place ist beinahe südländisch: Überall Menschen, ein Sprachen- und Stimmenwirrwarr, einige Straßenmusiker. Und überall die verführerische Schokolade: als kleine Täfelchen, Pralinen, Kaffeebohnen umhüllend oder über Bananen und Erdbeeren am Spieß gegossen, köstlich. Teuer ist es hier in den Restaurants, Kaffees und Geschäften – Touristen und EU-Beschäftigte haben es wohl.

Auf der anderen Seite waren wir überrascht von der großen Armut auf den Straßen und Plätzen. Überall begegneten uns bettelnde Menschen. Gerade rund um den internationalen Mega-Bahnhof Brüssel-Midi findet man die andere Seite der Hauptstadt Belgiens. Als wir nach 22 Uhr wieder im Südbahnhof ankamen, sprach uns ein völlig verängstigter asiatischer junger Mann an. Er werde von zwei Männern verfolgt und ob wir wüssten, wo hier die Polizei sei. Natürlich wussten wir es nicht. Zusammen suchten wir die Bahnhofsinformation auf. Sie war geschlossen. Der Mann versuchte via Handy die Polizei-Nummer zu erfahren. Immer wieder flehte er uns an, nicht zu gehen, ihn nicht allein zu lassen. Wir wussten nicht, wo wir hineingeraten waren. Es war uns zunehmend unwohl. Wir fanden Security-Personal, das nur sagte: „Da müssen Sie in die Innenstadt fahren. Hier haben alle Polizeiwachen um diese Zeit geschlossen.“ Sehr beruhigend.

Nordsee-Winter: Hotdogs statt Gans

Keine Last-Minute-Geschenke-Hektik, kein Patchwork-Familien-Besuchsexzess, Hotdog satt statt Weihnachtsgans. Dies jahr war Weihnachten wirklich besinnlich und ruhig. Die bezaubernde Anna und ich waren eine Woche auf Fanø. Die dänische Nordsee-Insel empfing uns verschneit. Noch nie bin ich über einen so tief verschneiden Strand spaziert. Die Wellen schlagen mal, mal plätschern sie, an die gefrorene Küste und bringen Muscheln und Bernstein mit. Die Möwen kreischen und suchen bei Ebbe im Watt nach Nahrung. Der Wind weht an einigen Tagen eisig, so dass sich unsere Gesichter vor Kälte taub anfühlen, dann ist es wieder windstill und wundervoll ruhig. Dann hört man nur unsere Schritte: auf frisch gefallenem Schnee (Frischer Schnee am Ebbestrand) knirscht es leise unter den Füßen, dann krachen sie beinah durch vereisten Schnee (Vereister Schnee), bei Tauwetter (Tauender Schnee) matscht und plätschert es.

Schneestrand
Schneestrand

Uns blieb viel Zeit zum Lesen, für gute Filme und viel Schlaf. Denn die touristische Infrastruktur Fanøs ist im Dezember weitgehend eingestellt. Die allermeisten Restaurants und viele Geschäfte sind geschlossen. Der Bus fährt seltener als im Sommerhalbjahr. Aber warum sollte man auch wegfahren, wenn direkt hinter unserer gemütlichen Ferienwohnung der Strand beginnt, und wir bei offenem Fenster die Nordsee-Wellen hören können. Ich glaube nicht, dass ich mir im Sommer in der selben Ferienanlage eine Wohnung mieten würde. Dann ist sie bestimmt überfüllt. Aber jetzt waren nur wenige Familien im Urlaub in Fanø Bad, und so wurden es ruhige Festtage mit der Liebsten. Ich war jedenfalls noch nie nach Weihnachten so erholt wie in diesem Jahr.

Heiko am Strand von Fanö
Heiko am Strand von Fanö

Fotos Copyright by Anna-Karina Handke