Online-Petition: RTL verweigert Barrierefreiheit

Über 2.300 Menschen haben inzwischen Joana Zimmers Petition unterzeichnet. Das OK! Magazin und das Hamburger Abendblatt berichteten. In der Petition fordert die blinde Sängerin, dass die RTL-Tanzshow „Let’s Dance“ zukünftig mit einer Hörfilmspur (Audiodeskription) für blinde und sehbehinderte Menschen ausgestrahlt wird. Der Privatsender behauptet in seiner einzigen Stellungnahme, dass eine blindengerechte Fassung ein technischer, finanzieller und administrativer Aufwand ist, der sich hausintern leider derzeit nicht darstellen lasse. Das ist, mit Verlaub, ganz großer Quatsch. Insbesondere das finanzielle Argument ist eine Frechheit, bedenkt man, dass die Produktion einer 90minütigen Hörfilmspur nur rund 5.000 € kostet. Diese Kosten fallen bei den gewaltigen Budgets der TV-Sender kaum ins Gewicht. Sie ermöglichen aber Hunderttausenden blinder und sehbehinderter Menschen Zugang zum TV-Programm.

Bleibt eigentlich nur das technische Argument. Hier müssten die Privatsender die Infrastruktur erst schaffen, über die die öffentlichrechtlichen Stationen bereits verfügen. Hier ist Joana Zimmer dem Fernsehsender entgegengekommen. In einem Brief an RTL-Programm-Geschäftsführer Frank Hoffmann macht sie folgenden Vorschlag:

Parallel zur Ausstrahlung der Sendung im Fernsehen wird RTL als Zwischenlösung für blinde und sehbehinderte Zuschauer ab 2014 die jeweilige Folge online mit einem Live-Kommentar in der Mediathek zur Verfügung stellen. Dieses Verfahren ist bei der Sport-Berichterstattung seit Jahren Standard und sollte sich mit vergleichbar geringeren Mitteln realisieren lassen, als eine AD im Fernsehen. Dies kann aus unserer Sicht jedoch nur ein erster, vorläufiger Schritt sein. Ziel muss eine AD-Fassung im TV sein, damit wirklich alle blinden und sehbehinderten Menschen Zugang bekommen – nicht nur diejenigen mit PC und Internet.

Dieser Vorschlag stammt vom 28. Mai 2013. Bis zum heutigen Tag hat RTL es nicht für nötig befunden, hierauf zu reagieren.

Ein Vimeo-Clip zeigt übrigens, wie eine Hörfilmspur bei „Let’s Dance“ klingen könnte:

Let’s Dance Finale – Audiodeskription from Change.org on Vimeo.

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

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