Sparda-Bank und Barrierefreiheit: Bei Blinden hört die Fairness auf

Vor einigen Wochen berichtete ich hier im Blog, dass die Netbank ihr barrierefreies Onlinebanking eingestellt hat und somit blinde Kunden von wesentlichen Teilen ihres Angebotes ausschließt. Das Gleiche gilt für blinde Kunden der Sparda-Bank. Der Hamburger André Rabe hat daher auf der Petitionsplattform Change.org einen Aufruf gestartet. Rabe schreibt:

Ich bin seit einem Jahr Kunde bei der Sparda-Online-Bank. Ein Grund für den Wechsel: die BARRIEREFREIHEIT. Denn ich bin 100% blind. Doch seit dem 23. Oktober hat die Sparda-Bank ihr Online-Angebot so umgestellt, das blinde Menschen die Website nur noch eingeschränkt bedienen können. Als Lösung bietet die Bank die Software „Banking 4W“ an, die zwar gutbedienbar ist, allerdings nicht alle wichtigen Funktionen abdeckt. So kann man z.B. wichtige Bank-Nachrichten nicht abfragen. ich kann meine Daueraufträge nicht mehr bearbeiten und auch nicht auf meine gespeicherten Überweisungsvorlagen zugreifen.

Als er sich mit dem Problem an den Kunden-Service des Kreditinstituts wandte, bekam er eine wenig kundenfreundliche Antwort:

Barrierefreie eigene Anwendungen werden durch die Sparda-Banken nicht entwickelt, dies wurde in der Vergangenheit auch weder kommuniziert noch in irgendeiner Form beworben. Auch die alte Classic Anwendung ist nicht unter diesen Gesichtspunktentwickelt wurden. Wir können Ihnen leider hier keine andere Auskunft geben, als das derzeit keine Pläne seitens der Sparda Banken bestehen eine Barriere freie Webanwendung zu entwickeln oder die bestehende Anwendung darauf umzubauen.

André Rabe nimmt auf Change.org dazu Stellung:

Das kann ich nicht hinnehmen. Barrierefreiheit ist kein Extra, was man zusätzlich anbietet, sondern eine Selbstverständlichkeit. Und es ist im Jahr 2013 keine technische Herausforderung die W3C-Sehstandards umzusetzen. Liebe Sparda-Bank, seien Sie nicht nur „freundlich“, sondern auch „fair“!

Die Petition hat schnell Fahrt aufgenommen. Innerhalb von nur drei Tagen haben bereits über 3.400 Menschen unterzeichnet. Bitte tun Sie das auch, und teilen Sie den Link zur Petition fleißig im Social Web. Schon einmal herzlichen Dank allen Unterstützerinnen und Unterstützern!

Die Netbank und die Sparda-Bank sind übrigens keine Ausnahme. Viele Onlinebanking-Angebote sind für blinde und sehbehinderte Menschen schlecht nutzbar. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg, in dem André Rabe aktives Mitglied ist, sammelt anlässlich der Petition Beispiele von Hürden auf Banken-Websites. Wenn Sie Beispiele kennen, mailen Sie diese bitte an info@bsvh.org.

Online-Petition: RTL verweigert Barrierefreiheit

Über 2.300 Menschen haben inzwischen Joana Zimmers Petition unterzeichnet. Das OK! Magazin und das Hamburger Abendblatt berichteten. In der Petition fordert die blinde Sängerin, dass die RTL-Tanzshow „Let’s Dance“ zukünftig mit einer Hörfilmspur (Audiodeskription) für blinde und sehbehinderte Menschen ausgestrahlt wird. Der Privatsender behauptet in seiner einzigen Stellungnahme, dass eine blindengerechte Fassung ein technischer, finanzieller und administrativer Aufwand ist, der sich hausintern leider derzeit nicht darstellen lasse. Das ist, mit Verlaub, ganz großer Quatsch. Insbesondere das finanzielle Argument ist eine Frechheit, bedenkt man, dass die Produktion einer 90minütigen Hörfilmspur nur rund 5.000 € kostet. Diese Kosten fallen bei den gewaltigen Budgets der TV-Sender kaum ins Gewicht. Sie ermöglichen aber Hunderttausenden blinder und sehbehinderter Menschen Zugang zum TV-Programm.

Bleibt eigentlich nur das technische Argument. Hier müssten die Privatsender die Infrastruktur erst schaffen, über die die öffentlichrechtlichen Stationen bereits verfügen. Hier ist Joana Zimmer dem Fernsehsender entgegengekommen. In einem Brief an RTL-Programm-Geschäftsführer Frank Hoffmann macht sie folgenden Vorschlag:

Parallel zur Ausstrahlung der Sendung im Fernsehen wird RTL als Zwischenlösung für blinde und sehbehinderte Zuschauer ab 2014 die jeweilige Folge online mit einem Live-Kommentar in der Mediathek zur Verfügung stellen. Dieses Verfahren ist bei der Sport-Berichterstattung seit Jahren Standard und sollte sich mit vergleichbar geringeren Mitteln realisieren lassen, als eine AD im Fernsehen. Dies kann aus unserer Sicht jedoch nur ein erster, vorläufiger Schritt sein. Ziel muss eine AD-Fassung im TV sein, damit wirklich alle blinden und sehbehinderten Menschen Zugang bekommen – nicht nur diejenigen mit PC und Internet.

Dieser Vorschlag stammt vom 28. Mai 2013. Bis zum heutigen Tag hat RTL es nicht für nötig befunden, hierauf zu reagieren.

Ein Vimeo-Clip zeigt übrigens, wie eine Hörfilmspur bei „Let’s Dance“ klingen könnte:

Let’s Dance Finale – Audiodeskription from Change.org on Vimeo.

Video: Joana Zimmer fordert Hörfilm-Spur bei Let’s Dance

Die blinde Sängerin Joana Zimmer fordert in einer Onlinepetition, dass die RTL-Show „Let’s Dance“ auch blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden soll. Nun begründet sie ihren Aufruf in einer Video-Botschaft.

Leider haben Deutschlands Medien diese Kampagne bisher nicht aufgegriffen. Um so erfreulicher ist es, dass trotzdem bis zum aktuellen Zeitpunkt bereits über 1.800 Menschen die Petition unterzeichnet haben. Nun ist es wichtig, dass wir im Web noch mehr Öffentlichkeit herstellen und für die Petition werben. Es geht hierbei nicht nur um die konkrete Show, sondern um ein Signal für mehr Barrierefreiheit in unserer TV-Landschaft. Bitte helfen Sie mit!

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