Fondue in Frankfurt

Frankfurt am Main, Mittagspause im PR-Seminar: Referent Christian Anderegg steht in der Küche und zaubert ein Käse-Fondue. Der Schweizer lehrt in dieser Woche PR-Grundlagen. Ich bin in der Stiftung für Blinde und Sehbehinderte im Nordend. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Public Relations bietet die Stiftung die Weiterbildung zum PR-Assistenten/-Berater an. Die Maßnahme dauert zwei Jahre. Am Ende stehen fünf schriftliche Prüfungen und eine mündliche. In diesem Jahr nehmen sieben blinde und Sehbehinderte Menschen an den Kursen teil. Sie haben ganz verschiedene Geschichten. Sie arbeiten beim NaBu, beim DRK oder in einer Bank – oder beim Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg. Sie kommen von der Uni, haben mal als Krankenschwester oder im Kunsthandwerk gearbeitet. Gut, manchmal hat das Seminar Längen, wenn Themen an der Reihe sind, die ich bereits beherrsche. Andererseits ist der Austausch mit anderen Weltsichten und Erfahrungshorizonten immer spannend. Und so ein Fondue vom echten Schweizer ist auch etwas feines.

Stiftung für Blinde und Sehbehinderte Frankfurt: http://www.sbs-frankfurt.de

Die Hand, die nicht trifft

Eigentlich ist jeder blinde Mensch immer und überall PR’ler für seine Zunft. Ein Beispiel: da saß ich eben mit den alten Haudegen Rheinhold und Michi, für die meine Behinderung seit über 15 Jahren kein Thema mehr ist, im Konsum. Vollgepumpt mit Koffein und Erikas Jägerschnitzel XL, plaudern wir über pikante Dreieckskonstelationen, Weltekel in der Strunk’schen Kunst und Weinbrand als In-Getränk ’08.
Da kommt Jan in die Kneipe, mit Karnevalophoben Kölnern im Schlepptau. Ich kenne sie nicht, sie mich auch nicht. Sie ahnen nicht, dass ich blind bin, halten mir ihre Hand hin. Das sehe ich nicht – eine Situation, die ich beinah täglich erlebe. Ich halte meine Hand hin. Sie trifft nicht. Zwei Hände im Nichts, bis Christoph beherzt zupackt und sich vorstellt. Bei Maike das gleiche Spiel, nur ein weniger beherzter Händedruck.
Unsicherheit ist in solchen Momenten normal: wie gehe ich mit einem blinden Gegenüber um? Sieht er gar nichts mehr? Wieso ist er blind? Wie ist es, blind zu sein? All diese Fragen in Sekunden.
In der Regel versuche ich, die Fragen zu beantworten. Das entspannt die Situation. Nachts um Eins im Konsum ermutige ich lieber nicht, Fragen nach meiner Behinderung zu stellen. Schließlich müssen doch die pikanten Dreiecksbeziehungen vor der morgigen Party ausgelotet sein. PR für die blinde Zunft mach ich morgen wieder…