Don Giovanni mit Audiodeskription: Hoffentlich nicht die letzte Party im Thalia Theater

Mein kulturelles Highlight in dieser Woche war die Aufführung von „Don Giovanni. Letzte Party“ im Hamburger Thalia-Theater. Wenn ich auch vorher dort schon häufig Stücke genossen hatte, war es diesmal etwas ganz Besonderes. Denn am vergangenen Dienstag – 10. Dezember 2013 – zeigte das Thalia erstmals eine Aufführung mit Live-Audiodeskription. Sprich: blinde und sehbehinderte Zuschauer konnten sich am Einlass einen Ohrhörer mit einem kleinen Empfänger leihen. Über den Ohrhörer konnten sie während des Stückes hören, was auf der Bühne geschah.

Kostüme wurden beschrieben, Gesten, Mimik und Handlungen der Schauspieler, die nur visuell wahrzunehmen waren. Aber auch das Bühnenbild, der Einsatz der Scheinwerfer und sogar der Theater-Saal wurden beschrieben.

Das war für mich ein ganz tolles Erlebnis, konnte ich doch so die Inszenierung und das Stück noch wesentlich intensiver wahrnehmen als nur über Sprache, Musik und Geräusche auf der Bühne. Da der Beschreibungstext nach intensiver Vorarbeit entstand und die Macher bereits vorab das Stück mehrfach gesehen hatten, fiel die Beschreibung sehr viel detaillierter aus als es eine sehende Begleitperson hätte leisten können.

„Don Giovanni. Letzte Party“ war bestimmt eine große Herausforderung für die Texter und Sprecherin der Audiodeskription: Herrschte auf der Bühne doch ein turbulentes Durcheinander von Schauspielern, Musikern und sogar Zuschauern. Das Publikum wurde überhaupt immer wieder in das Geschehen eingebunden. Die Schauspieler haben permanent improvisiert. Das Beschreiber-Team und die Sprecherin haben die Herausforderung aber mit Bravour gemeistert. Für mich war es ein wunderbarer Abend. Und ich hoffe sehr, dass Aufführungen mit Audiodeskription zukünftig immer selbstverständlicher werden – am Thalia-Theater und an allen Bühnen im Land.

Update (16.12.2013): Das NDR-Hamburg-Journal hat in einem Fernsehbeitrag über das Thema berichtet. Aktuell ist das Video noch in der Mediathek abrufbar.

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

3 Kommentare zu „Don Giovanni mit Audiodeskription: Hoffentlich nicht die letzte Party im Thalia Theater“

  1. Heißt das, der Beschreibungstext wurde vorher eingesprochen und kam vom Band oder wurde er live gelesen und eventuell den Improvisationen angepasst?

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  2. Der Text wurde live eingesprochen, auf Basis eines vorher erstellten skriptes, aber wenn die Schauspieler improvisiert hatten, musste die Sprecherin den Text spontan anpassen.

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