Inspiriert durch die eigene Bühnenerfahrung und durch die zauberhafte Anna mache ich gerade Theater-Wochen. Am vergangenen Mittwoch sahen wir die Buddenbrooks im Thalia-Theater. Die Wieder-Aufführung der John-von-Düffel-Adaption des Thomas-Mann-Klassikers war witzig, schlicht und gelungen. Auf zwei Buddenbrooks-Generationen musste von düffel verzichten. Er konzentrierte sich auf die ökonomischen Zwänge, denen das bürgerliche Leben unterworfen ist. Das war in sich stimmig und klug gelöst, wenngleich die Vielschichtigkeit und breite Anlage des Romans sich nicht auf der bühne fand. Die Schauspieler waren mit enormem Spielwitz dabei und brachten dynamische, kurzweilige, humorvolle und nicht zu nachdenkliche zweieinhalb Stunden Theater auf die Bühne. Sie werden das am 8. Dezember wieder tun
Bedrückender als die Buddenbrooks kam am Samstag Michael Kramer im Ernst-Deutsch-Theater daher. Aber auch bei Gerhart Hauptmann stehen bürgerliche Werte im Zentrum: Pflichterfüllung und Disziplin. Diese fordert der Kunstprofessor Kramer von seinem Sohn Arnold, der sich sein Leben lang dagegen auflehnt und dabei seine Talente verschenkt. Das Scheitern des Sohnes kulminiert in einer unglücklichen Liebe, dem Spott der Gesellschaft und schließlich im Selbstmord des Sohnes. Erst dieser Selbstmord führt zur Reflektion durch den Vater. Uwe Friedrichsen spielt diese viel zu späte Reflektion erschütternd und bewegend. „Michael Kramer“ ist kein schönes, aber ein gutes Stück, das Stoff zum Nachdenken an einem Herbstabend liefert. Vorstellungen finden noch bis zum 15. November statt.