„Mir macht es Riesenspaß, mich nicht nur immer und überall bräsig voll auf die dreckige Klobrille zu setzen, ich wische sie auch vor dem Hinsetzen mit meiner Muschi in einer kunstvoll geschwungenen Hüftbewegung einmal komplett im Kreis sauber. Wenn ich mit der Muschi auf der Klobrille ansetze, gibt es ein schönes schmatzendes Geräusch, und alle fremden Schamhaare, Tropfen, Flecken und Fützen jeder Farbe und Konsistenz werden von meiner Muschi aufgesogen.“ Klar, das kann man mal schreiben, aber muss das gleich ein Bestseller werden? Mich hat Charlotte Roches aktueller Roman enttäuscht, zumal ich sie in ihrer großen Viva-Zwei-Zeit sehr geschätzt habe und sie bis heute in Interviews immer sehr witzig fand. Gelegentlich blitzt ihr Humor auch in „Feuchtgebiete“ auf, aber viel zu selten. Was bleibt ist ein krampfhaft auf den Ekelschock getrimmtes buch, ohne Handlung und Niveau. Aber was spricht es beim Publikum an, das zu Hunderttausenden „Feuchtgebiete“ kauft? Bei mir reanimierte es phasenweise das Gefühl, das sich einstellte, als wir uns mit Elf die Liebe-Sex-und-Zärtlichkeit-Seiten in der Bravo vorgelesen haben. Und sicherlich ist es Roche gelungen, an eines der letzten Tabus unserer so liberalen Gesellschaft zu rühren. Und das schafft heutzutage auch nicht mal jeder. Selbstredend kann man einen Roman gegen den Hygienewahn schreiben. Natürlich ist die Flucht eines 18jährigen Scheidungskindes in Sex und Schmutz ein interessantes Thema. Charlotte Roche hat aber vielzuwenig daraus gemacht. Auch ihre ungekürzte Autorenlesung ist eher Mittelmaß. Unbetont und gequätscht kommt die Stimme aus den Lautsprechern. Naja, Ihr sei der Erfolg – so von Mensch zu Mensch – trotzdem gegönnt!