Brief an Lotta

Liebe Lotta,

falls Du Dich in zehn bis zwanzig Jahren – wenn Du diesen Eintrag vielleicht liest – nicht mehr daran erinnern können solltest: ich habe Dich gestern zum erstenmal gehalten. Du warst sieben Wochen alt, 50 cm klein, hattest winzig-kleine Hände und einen ganz schön kleinen Kopf, mit vielen Haaren darauf. Du hattest auch Haare auf den Ohren (aber darüber wollen wir lieber schweigen, die wirst Du schon noch los). Du hast leise gequietscht und Dich ein wenig gestreckt. Dabei haben die Glöckchen in Deinen Schuhen – auf die ich ein Bisschen neidisch bin – geklappert. Geschrien hast Du nicht. Ich denke, dass das ein gutes Zeichen ist. Obwohl vielleicht warst Du einfach von Deinen lieben Eltern so satt und glücklich gestopft, dass es keinen Grund mehr zum Schreien gab und Dir völlig schnurz war, in wessen Schoß Du gerade liegst? Nein nein, ich hatte einen guten ersten Eindruck von Dir! Petrus, Tinka und Du werdet schon Spaß haben. Und gelegentlich kommt Onkel Heiko mal vorbei und sagt erfreut: „Du bist aber groß geworden!“

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

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