Hörbuch-Tipps: Humorvoll und menschlich

Zwei Wochen Urlaub im heimischen Hamburg gehen ihrem Ende entgegen. Zeit zum Spazieren, Shoppen, Freunde Treffen und Hörbücher Hören.

Mein absolutes Hörbuch-Highlight der letzten Wochen war Joachim Meyerhoffs „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“. Der Schauspieler behandelt in diesem urkomischen und herzerwärmend menschlichen Roman seine Zeit an der Schauspiel-Schule und sein Leben im Hause der Großeltern. Meyerhoff zeichnet ein liebevolles Bild dieser alten Menschen, beschreibt ihre Ticks und Macken, ohne sich über sie lustig zu machen. Und dennoch gehört sein Roman zum Humorvollsten, das ich kenne. Auch die Beschreibung der Erlebnisse mit Mitschülern und mit seinen Dozenten ist grandios. Meyerhoff versteht es, das Skurrile im Alltäglichen zu entdecken. Er braucht nur minimale Überzeichnungen, um seine Zuhörer zum Lachen zu bringen. Sein Humor ist dabei niemals flach, im Gegenteil: Die Geschichte ist von einer nachdenklichen Melancholie durchzogen, die mich sehr angerührt hat. Während die Großeltern gegen eine Leere in ihrem Leben antrinken, droht der Ich-Erzähler in der Schauspiel-Ausbildung lange Zeit tragisch zu scheitern. Das Hörbuch liest der Autor. Die Aufnahmen entstanden bei Live-Lesungen, was dem Hörbuch zusätzliche Lebendigkeit verleiht.

Ein weiteres empfehlenswertes Hörbuch ist J.R. Moehringers „Tender Bar“. Bereits seit etlichen Jahren auf meinem Wunschzettel, bin ich in diesem Urlaub endlich einmal dazu gekommen, es zu hören. Auch dieser Roman ist stark autobiografisch. Im Zentrum stehen der beschwerliche Weg des Ich-Erzählers – aus einer Kindheit in Armut und ohne Vater, über seine Zeit in Yale, bis zu seinem Durchbruch als renommierter Journalist – und eine Bar. In dieser Bar findet der kleine J.R. den Zugang zur Welt der Erwachsenen. Dort lernt er schrullige, aber herzliche Männer kennen, die ihm die Bedeutung von Vertrauen und Respekt zeigen. Dort trinkt er sein erstes Bier, fasst er Entschlüsse, die sein Leben prägen werden. Moehringer erzählt lakonisch und humorvoll. Seine Sprache ist virtuos. „Tender Bar“ regt zum Nachdenken an: Darüber, was Erfolg im Leben eigentlich ausmacht und worauf es im Miteinander wirklich ankommt. Das – leider gekürzte – Hörbuch in der deutschen Übersetzung liest Ulrich Noethen, wundervoll ruhig und dennoch sehr packend.

Ich wünsche Euch schöne Hörbuch-Stunden und ein frohes, glückliches und gesundes 2017!

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

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