öffentliche Täuschung?

„Public Relations sind das Differenzmanagement zwischen Fakt und Fiktion durch Kommunikation über Kommunikation in zeitlicher, sachlicher und sozialer Perspektive.“ Differenzmanagement zwischen Fakt und Fiktion sei dabei „eine Technik bedingt geduldeter öffentlicher Täuschung.“ Das sagt der Münsteraner PR-Wissenschaftler Klaus Merten – und er gießt Wasser auf die Mühlen derer, die in PR schon immer nur Lug und Trug sahen. Horst Avenarius hat bereits viel Wahres dazu gesagt. Und in so manch einem Branchen-Forum wird fundiert und aufschlussreich diskutiert. Und doch kann ich es mir nicht verkneifen, auch ein, zwei Sätze zu Mertens Thesen zu schreiben. Schließlich spiegelt Merten eine PR-Sicht wider, die – wenn auch intellektuell verbrämt – sich kaum vom Alltagsverständnis des Otto Normalverbrauchers unterscheidet. Da wird PR gern mit Werbung gleichgesetzt. Und auch für viele Unternehmer sind Public Relations nur eine kostengünstigere Variante des Marketings. „Ihr wollt doch nur Eueren Auftraggeber in die Zeitung bringen und dabei möglichst gut dastehen lassen“, so das gängige Vorurteil gegen meine Zunft. Diese Kritiker vergessen, dass PR immer zwischen dem Inneren eines Auftraggebers und der Öffentlichkeit vermittelt – und das in beide Richtungen. Eine PR-Strategie, die auf Lügen baut, wird schneller entlarvt als ihr lieb sein wird. Würde ich wissentlich die Unwahrheit über das Leben der blinden und sehbehinderten Hamburger oder über den Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg verbreiten, wer würde mich danach noch um unsere Meinung bitten? Niemand. Und was wäre vereinsintern gewonnen, wenn ich als PR’ler suggerieren würde, unsere Selbsthilfe-Organisation könnte die Medien, die Politik, die Gesellschaft beschummeln? Nichts. Da halte ich es doch lieber mit dem Code de Lisbonne: „PR-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden. Sie müssen leicht als solche erkennbar sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht in die Irre führen.“ Das scheint mir sinnvoller zu sein als bedingt geduldet die Öffentlichkeit zu täuschen.

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

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