Blind Kleidung zu kaufen, ist nicht immer ganz leicht: unübersichtliche Kaufhäuser und überforderte Verkäufer können den Shopping-Spaß schnell verderben. In einem Beitrag zeigen die RTL-Journalistinnen Laura Schneider und Frauke Steffens, dass es auch anders gehen kann. Einkaufsbegleiterinnen im Kaufhof, Online-Shops oder eine Modenschau des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg, bei der die Kundinnen anfassen dürfen, können Sie sich in dem sehenswerten TV-Beitrag anschauen.
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Autor: Heiko Kunert
Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.
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Die Idee, ganz in Ruhe, wie bei einer Tupper-Pary einzukaufen ist schon sehr gut. Ich denke aber, das ganze müsste etwas Zielgruppen orientierter sein. Es gibt ja nicht „die Blinden“ als uniforme Gruppe.
Kleidung ist immer auch der Ausdruck dessen, wie wir „rüberkommen“ wollen. Geburtsblinde, die naturgemäß andere Prioritäten setzen, müssen das lernen. Sie erleben dann schon mal, dass sie für verklemmt und spießig gehalten werden, weil die Mutti ihr Einkaufsberater war. Böse Falle!
Das passiert natürlich nicht nur Blinden, die falsch beraten werden: Das Problem mit dem Klamottenkaufen haben Männer ja traditionell. Sie sind genauso entnervt, wie die Frau in dem Video, auch wenn sie durchaus in der Lage sind zu sehen. Klug, wenn sie dann die Liebste und nicht die Mutter zum Einkaufen schicken.
Also einigermaßen stilvoll sollte die Kleidung schon sein. Nur, sehr viele blinde Leute sind alt. Da soll die Kleidung flott, praktisch aber nicht zu gewagt sein. Die Mehrheit ist dummerweise aber die primäre Zielgruppe bei so einer Modenschau. Wo bleiben da die Jüngeren?
Mir ist aufgefallen, das blinde Leute oft extrem konservativ angezogen sind. Da habe ich dann feststellen können: Die sind gar nicht so! Denen reicht es eben einfach schon, wenn etwas irgendwie zusammenpasst. Wie sagte eine Bekannte einmal:“Ihr immer mit Euren Farben!“
Natürlich kann es einem im Grunde egal sein, ob man wegen seiner Kleidung vollkommen falsch eingeschätzt wird, doch Äusserlichkeiten sind in unserer Gesellschaft nun einmal oft entscheidend.
Gerade für Jüngere ist es besonders wichtig cool zu sein.
Wir brauchen also diese Einkaufsberater in angesagten Läden und nicht nur im Kaufhof.
Ich denke, wenn man an einem ruhigen Vormittag zum Beispiel zu Hennes und Mauritz geht, wird man da auch gut beraten. Vielleicht vorher anrufen und sich ankündigen. Man muss einfach den Mut haben, sich jemanden vom Personal zu schnappen.
Ich bin nicht blind, nur ziemlich sehbehindert und finde auch nicht auf Anhieb die Ständer mit den Cargo-Bermudashorts. Ich kann Farben schlecht unterscheiden und Preise nicht lesen. Ich nerve die Leute dann einfach. Es ist mir noch nie passiert, das jemand Hilfe abgelehnt hätte, oder ungeduldig wurde. Sie nehmen sich Zeit und sagen mir wenn etwas grün und nicht schwarz ist und ob es mir steht oder ob ich es eine Nummer kleiner brauche.
Ja, sie tragen mir sogar die Klamotten hinterher, weil sie sehen, dass ich wegen meiner Krücken keine Hand frei habe.
Doch letztendlich gilt für den Kleidungskauf, egal ob man etwas sieht oder nicht: Am Besten klappt das es mit der besten Freundin! Und hinterher Eis essen gehen.
P.S. Heikos „Fernsehtestbild T-Shirt ist immer noch mein absoluter Favorit!
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Als ich heute Morgen mein Testbild-T-Shirt anzog, fiel mir ein, dass ich noch auf Deinen Kommentar antworten wollte. Du hast natürlich recht, dass es unter den blinden Menschen Unterschiede in Sachen Klamotten-Kauf gibt – wie bei sehenden Menschen eben auch.
Kaufhof ist halt die bisher erste und einzige Kaufhaus-Kette, die diesen Service für gehandicapte Kunden anbietet. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn z. B. H&M nachziehen würde.
Du schreibst, dass Du glaubst, dass Du an einem ruhigen Vormittag bei H&M gut beraten würdest und dass man den Mut haben müsste, sich jemanden vom Personal zu schnappen. Leider ist es momentan noch oft so. Ich finde aber, dass wir hier ein grundlegendes Umdenken in der Gesellschaft brauchen: Nicht der behinderte Mensch muss ständig die Kraft aufbringen, mutig sein zu müssen und um Hilfe zu „betteln“, sondern die Gesellschaft stellt sich auf die Verschiedenheit der Mitmenschen ein. Sprich: Ich kann als blinder Mensch genauso am Abend einkaufen wie an ruhigen Morgenden. Ich kann mir sicher sein, dass ich auch mit mehr Beratungsbedarf in jedem Klamotten-Geschäft willkommen bin. Das wäre wirkliche Inklusion!
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Hi,
Ich finde den Artikel ganz interessant, grade auch im Licht, daß ich selber eine blinde Freundin habe (ich selber sehe gut, trage nur Brille weil ich etwas kurzsichtig bin), die erst letztens wieder das Einkaufen gehen farbig verflucht hat 😉
Für die Damen hier in der Runde – C&A ist zumindest in AT eine feine Möglichkeit an stilvolle nette Klamotten zu kommen, die man anziehen kann wenn frau keine Modelfigur hat (wie zB meine Wenigkeit). Sind zwar keine Diskonterpreis, aber die Sachen halten länger und sind einfach halt keine „Modefetzerl“ wie bei H&M im Moment 😛
Cheers aus Österreich!
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Hi Leute!
wie hat die Bekannte von Susanne gesagt-„Ihr mit euren Farben?“ Klar, denn Blinde tun sich mit der Kombination von farbigen Klamotten naturgemäß schwer und meiden daher oft das Thema.
Es gibt aktuell d i e Lösung! Ein Patent der Stickerei Kampmann in Bielefeld, die in einem neuen Online-Shop coole Klamotten inklusive in Braille eingestickter Farbnamen anbieten. Die nennen das „Farben fühlen“ – weil man eben den Braille-Farbnamen ertasten und lesen kann und dann ohne Hilfe weiß, aha das Hemd in meiner Hand ist Blau.
Good luck for your live
Jürgen
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