Am Samstag war ich mal wieder im Kino. Wie Rheinhold Messbecher so schön sagte: „lasst uns Blinde gucken!“ „Die Stadt der Blinden“ stand auf dem Abaton-Programm. Ich war gespannt. Erstens hatte ich die deutsche Hörspielfassung (NDR 2001) dereinst erschütternd famos gefunden, und zweitens hatte kein Geringerer als Fernando merielles Regie geführt, dessen „ewigen Gärtner“ ich liebe. Gut, es waren alle wesentlichen Szenen auch im Film vorhanden. Es war dem brasilianischen Regisseur gelungen, den als unverfilmbar geltenden Roman-Stoff auf die Leinwand zu bringen. Einige Male – so habe ich mir von sehender, zuverlässiger Begleitung flüstern lassen – wurde das Thema Nicht-Sehen-Können mit filmischen Mitteln intelligent verarbeitet. Die Schauspieler – insbesondere Julianne Moore – waren gut. Aber mehr war es auch nicht. Mir war „die Stadt der Blinden“ nicht grausam genug, dem schonungslosen Stoff nicht angemessen. Wie kann man diesen Stoff mit einem leichten Soundtrack unterlegen, der eher in einen Wim-Wenders-Film gepasst hätte? Und der gleichnishafte Charakter der Vorlage kam kaum noch zur Geltung. Vielleicht ist das insgesamt schwer in einem so eindeutigen Medium wie dem Spielfilm. Die Menschen wurden blind, stolperten durch die Gegend, hilflos, verirrt, allein, isoliert. Und dabei konnten wir ihnen ein bisschen zuschauen, ein bisschen ängstlich und bewegt sein. Ob der Zuschauer mehr in diesem Streifen erkennen kann? Kann der Zuschauer erkennen, dass es Saramago um den Kampf zwischen Menschlichkeit und Egoismus in gesellschaftlichen Krisenzeiten ging? Ich bezweifle es und empfehle daher doch Hörspiel und Buch.