Sommer in Hamburg

Durchnässt durchstoße ich heute Morgen den Regen. Es donnert kurzatmig. Ein Gewitter leutet das Sommer-Ende ein – kein Gewitter, das Schwüle Hitze vertreibt. Es sind Schläge, die eine Jahreszeit vernichten: den Sommer in Hamburg. Ich kann gar nicht genau sagen, wann er begann. Am 21. April war noch Frühling. Doch schon sehr bald waberte die Schwere durch die Stadt – eine sinnliche Schwere, geschwängert vom dampfenden Boden der Alster-Wiesen, von den wilden Beats, die aus geöffneten Auto-Fenstern hämmerten, und von Haut, die in der Sonne glühte. Die Schwere des Sommers legte sich wohlig auf unsere Seelen, sie kribbelte im Bauch. Und keiner kann sagen, wann sie begann, uns zu erdrücken. Als wir sie realisierten, war es zu spät. Da half kein Regenschauer oder Donnerschlag. Wir konnten die Schwere in keinem See mehr abstreifen. Irgendwann weiß der Hamburger, dass nur noch der Herbst helfen kann.

Autor: Heiko Kunert

Heiko Kunert (44) ist Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg und selbst blind. Er ist Vorstandsmitglied der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, der Stiftung Centralbibliothek für Blinde, der Norddeutschen Blindenhörbücherei und der Erich-Quenzel-Stiftung, sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Verbraucherzentrale Hamburg. Er ist freier Journalist und engagiert sich für Inklusion und Barrierefreiheit.

4 Kommentare zu „Sommer in Hamburg“

  1. Karl Henckell (1864-1929)

    Gewitter

    Es wetterleuchtet durch die Nacht,
    Die Donner, sie rollen von ferne,
    Die Wolken stürmen zur wilden Schlacht,
    Und ängstlich verlöschen die Sterne.
    Es jagt und wettert und kracht und braust,
    Wie wenn in Lüften der Böse haust –
    Was schmiegst du dich an mich mit Zittern?
    He, holla! Mich freut das Gewittern.

    Kennst du das Leben, mein liebes Kind?
    Ach nein, du tändelst in Träumen.
    Oft stürmt durch das Leben der Wirbelwind
    Und reißt an den knorrigsten Bäumen.
    Unter Donner und Blitzen, in stürmischer Nacht
    Schlägt der Mensch mit dem Schicksal die lustige Schlacht.
    Was schmiegst du dich an mich mit Zittern?
    He, holla! Mich freut das Gewittern.

    Wie brannte die Sonne so heiß und so dumpf!
    Die Bäume, sie rangen nach Odem;
    Nun flutet es feucht, und der dürrste Stumpf
    Saugt ein den köstlichen Brodem.
    Wenn träge die Sonne das Leben verbrennt,
    Willkommen dann, schlagendes Element!
    Lass ab von Zagen und Zittern,
    He, holla! Mich freut das Gewittern.

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  2. Wie freu`ich mich der Sommerwonne!

    Wie freu`ich mich der Sommerwonne,
    Des frischen Grüns in Feld und Wald,
    Wenn`s lebt und webt im Glanz der Sonne
    Und wenn`s von allen Zweigen schallt!

    Ich möchte jedes Blümchen fragen:
    Hast du nicht einen Gruß für mich?
    Ich möchte jedem Vogel sagen:
    Sing, Vöglein, sing und freue dich!

    Die Welt ist mein, ich fühl es wieder:
    Wer wollte sich nicht ihrer freu`n,
    Wenn er durch frohe Frühlingslieder
    Sich seine Jugend kann erneu`n?

    Kein Sehnen zieht mich in die Ferne,
    Kein Hoffen lohnet mich mit Schmerz;
    Da wo ich bin, da bin ich gerne,
    Denn meine Heimat ist mein Herz.

    August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
    (1798 – 1874)

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