Shared Space in Hamburg: Ausgrenzung statt Inklusion

Es wird konkret: fünf Hamburger Straßen stehen fest, die zu Shared-Space-Flächen umgewandelt werden sollen. Geht es nach der grünen Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk, gilt in der Langen Reihe in St. Georg, in der Osterstraße in Eimsbüttel, in der Bahrenfelder Straße in Ottensen, in der Tangstedter Landstraße in Langenhorn und im Bergedorfer Weidenbaumsweg ab 2011 das Prinzip Blickkontakt. Statt Ampeln, Bürgersteigen, Zebrastreifen, Verkehrsschildern und vieler Regeln, soll es einen gemeinsam genutzten Verkehrsraum und gegenseitige Rücksichtnahme geben. Dass viele sehbehinderte und blinde Menschen das Konzept kritisch sehen, habe ich hier im blog bereits gepostet. In der vergangenen Woche hat sich der Blinden- und Sehbehindertenverein mit einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet. Kobinet, Welt, Saarländer Online-Zeitung, Heimatspiegel, HH-Heute u. A. griffen das Thema auf. Auch die zuständige Behörde reagierte prompt und bot uns weitere Gespräche an. In der kommenden Woche werden BehördenVertreter und BSVH-Verkehrsexperten das Thema im Louis-Braille-Center erneut diskutieren. Gegenüber Altona.info sagte Enno Isermann von der Behörde für stadtentwicklung und Umwelt (BSU), Man habe ein Maßnahmenbündel mit den Verbänden, wie Tempobegrenzung, Leitelemente oder besser strukturierte Überquerungswege besprochen. “Wir werden Lösungen finden, damit die Gemeinschaftsstraße nicht zu Lasten behinderter Menschen geht”, so Isermann.

Das bleibt zu wünschen. Dennoch ist eines auch klar, Tempobegrenzungen, Leitelemente und besser strukturierte Überquerungswege lösen das Problem des fehlenden Blickkontakts nicht. Vielerorts regt sich Widerstand gegen die so genannte Gemeinschaftsstraße. Dabei kritisieren nicht nur Behinderten- und Senioren-Organisationen das Verkehrskonzept, sondern auch Anwohner und Gewerbetreibende. In St. Georg fordert der Stadtteilbeirat die BSU auf, von ihren Plänen Abstand zu nehmen. Die Linke in der Bürgerschaft verweist auf die vielen, vom Frost verursachten Schlaglöcher in der Stadt, die mit den Shared-Space-Millionen repariert werden könnten.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch ich bin für Verkehrsberuhigung und dafür, dass die Vorherrschaft des Autos im öffentlichen Raum in Frage gestellt wird. Das Ziel des schwarz-grünen Senats ist auch im Sinne der blinden und sehbehinderten Hamburger. Mir scheint Shared Space hierfür aber kein geeignetes Mittel. Das Konzept ist auf eine Großstadt wie Hamburg nicht übertragbar. Es grenzt behinderte Menschen aus. Ich hoffe, dass der öffentliche Druck gegen das Konzept anhält. Wir vom BSVH werden alles dafür tun, dass sehbehinderte und blinde Menschen in der Debatte um Shared Space nicht übersehen werden. Über den aktuellen Stand habe ich Ohrfunk.de in einem Interview Rede und Antwort gestanden.

Und was halten Sie von „Gemeinschaftsstraßen“? Ich freue mich auf Ihre Standpunkte und Anregungen in den Kommentaren.

Nabelschau: Interview, Blog-Awards und ein neuer Mitbewohner

Unter dem Motto „Kleiner Blogger interviewt große Blogger“ betreibt Robert Stögmann die sehr lesenswerte Site Blogger-antworten.com. Ich freue mich, dass er auch mich interviewt hat. Sie Finden unser Gespräch hier.

Und wenn wir gerade schon bei der Nabelschau sind: Blind-PR ist für die BOBs-Blog-Awards der Deutschen Welle vorgeschlagen. Drückt mir die Daumen, dass ich es in die Nominierungen schaffe. Diese werden Mitte März bekannt gegeben.

Soviel heute in aller Kürze. Ich entschwinde aus der virtuellen Welt und widme mich meinem realen neuen Mitbewohner.

Kater Igor
Kater Igor

Foto Copyright by Anna-Karina Handke

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