Heikos.newsletter: Die Links der Woche per Mail und App

Mein Newsletter rund um Barrierefreiheit, Inklusion, Behindertenpolitik, Blindheit und Sehbehinderung erscheint immer am Montag. In ihm findet Ihr die wichtigsten und lesenswertesten Links der Woche – all das, was in der Twitter- und Facebook-Flut nicht untergehen sollte. Ich erstelle den Newsletter über nuzzel.com. Dort könnt Ihr ihn bequem abonnieren und ihn entweder klassisch per E-Mail oder aber via Facebook-Messenger erhalten. Alternativ könnt Ihr ihn auch auf der Website oder in der App von Nuzzel lesen.

Leider ist nuzzel.com aktuell nur auf Englisch verfügbar. Auch ist die Newsletter-Darstellung noch nicht vollständig barrierefrei. Ich habe mich aber bereits an Nuzzel gewandt und hoffe, dass es hier bald Verbesserungen geben wird. Ich wünsche Euch viel Spaß mit meinem Newsletter und freue mich auf Euer Feedback!

Die Behindertenbewegung in der Empörungsdemokratie: Das Spiel nicht mitspielen

Shitstorms, Hate Speech, Fake News sind Schlagworte unserer Zeit. Nun sind die dahinter stehenden Mechanismen alles andere als neu, in einer vernetzten 24/7-Echtzeit-Kommunikation, in der jeder jederzeit Empfänger und Sender ist und in der die Grenze von Information und Kommentar de facto nicht mehr existiert, sind sie aber deutlich präsenter und wirkungsmächtiger als früher. Hinzu kommen politische, soziale und ökonomische Verwerfungen weltweit, die ein Klima der Empörung begünstigen. Nicht zu Unrecht spricht der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen davon, dass wir inzwischen in einer Empörungsdemokratie leben. Der Spiegel widmete diesem Phänomen zu seinem 70. Magazin-Jubiläum gleich eine ganze Titelgeschichte und fragte, ob wir kurz vor einer Revolution stünden.

Parallel hierzu streitet eine, zuletzt wieder sichtbarere, Behindertenbewegung in Deutschland für ihre Rechte. Zuletzt konnte sie Erfolge im Kampf gegen das Bundesteilhabegesetz erzielen. Neben kreativen Protestformen und klassischen Demonstrationen, setzten die Aktivisten auch auf die Möglichkeiten von Social Media und Internet. Es dauerte nicht lang, bis der politische Gegner die Bewegung in die populistische, undemokratische Ecke stellte.

Es ist offensichtlich, dass hier der mehr als begründeten Kritik am Bundesteilhabegesetz der Wind aus den Segeln genommen werden sollte. Eine emanzipatorische Bewegung, die lediglich die Gewährung von Menschenrechten einfordert und sich hierbei auf die UN-Behindertenrechtskonvention beziehen kann, gleichzusetzen mit destruktiven Wutbürgern, war mehr als haltlos.

Unabhängig von diesem Fall muss sich aber die Behindertenbewegung immer wieder selbstkritisch hinterfragen, ob sie sich nicht hin und wieder der Mechanismen der Empörungsdemokratie bedient und somit den Menschen mit Behinderung einen Bärendienst erweist. Exemplarisch kam Denise Linke in der „taz.mit behinderung“ am Beispiel derjenigen, die sich bei Twitter gegen den Begriff Autismus als Schimpfwort wenden, zu folgendem Fazit:

Wir Autisten müssen uns wehren. Wir müssen laut sein und penetrant. Wir müssen uns für unsere Rechte und unsere Sichtbarkeit starkmachen. Keine Frage. Aber vielleicht schaffen wir mehr, wenn wir mit weniger Aggression und mehr Verständnis vorgehen. Nichts liegt mir ferner als victim blaming. Aber wir gehen die Sache falsch an. So kann Aktivismus, davon bin ich überzeugt, nicht erfolgreich sein.

Und auch ich wundere mich manches Mal über die Art und Weise, wie Kritik in den sozialen Medien formuliert wird. Meistens stimme ich mit den inhaltlichen Forderungen der Menschen mit Behinderung sogar überein, aber indem zwecks Pointierung Halbwahrheiten eingestreut werden oder selbst fragwürdige Sprachbilder verwandt werden, machen wir uns unglaubwürdig.

Da wird in einem Tweet pauschal behauptet, die Elbphilharmonie sei nicht barrierefrei, was so einfach nicht stimmt. Es mag Verbesserungspotenzial geben, aber die Tatsache dass es Induktionsschleifen für schwerhörige Menschen, einen rollstuhlgerechten Zugang und ein taktiles Leitsystem für blinde und sehbehinderte Menschen gibt, einfach zu ignorieren, fällt einem schnell auf die eigenen Füße.

Oder bei Facebook wird von Usern die Lebenshilfe als Krebsgeschwür der Behindertenbewegung bezeichnet. Und in der Tat gibt es an ihr allerlei zu kritisieren, nicht zuletzt ihre enge personelle Verquickung mit Politikerinnen und Politikern der großen Koalition, aber „Krebsgeschwür“, sorry. Krebsgeschwüre schneidet man raus, zerstört sie mit Chemotherapie oder Bestrahlung. Man vernichtet sie, damit sie sich im Körper nicht weiter ausbreiten. Ist das eine Sprache, der wir uns, die wir selbst sehr kritisch auf die Berichterstattung über Menschen mit Behinderung schauen, bedienen sollten? Ich denke nein.

Die Behindertenbewegung hierzulande ist weit davon entfernt, ein empörtes Wutbürgerphänomen zu sein. Im Gegenteil: Ihre Proteste in den letzten Jahren waren kreativ, ihre Forderungen konstruktiv und ihre Argumentation substantiell. Die Stimme der Menschen mit Behinderung muss gerade in Zeiten sozialer Spannungen hörbar sein. Sie kann ihren Teil zu einer menschlicheren Gesellschaft beitragen. Damit das gelingt, muss sie sich aber zwingend bei jeder Aktion, bei jedem Blog-, Facebook- oder Twitter-Post kritisch hinterfragen. Sie sollte tunlichst vermeiden, das Spiel der Empörungsdemokratie mitzuspielen.

Bundesteilhabegesetz: Mein Fazit im Ohrfunk-Interview

Das behindertenpolitische Jahr 2016 stand ganz im Zeichen des Bundesteilhabegesetzes. Am 1. Dezember verabschiedete der Bundestag das Gesetz mit knapp 70 Änderungen, am 16. Dezember schließlich stimmte auch der Bundesrat zu. Das Internetradio Ohrfunk hat mich um mein Fazit gebeten. Im Podcast des BSVH-Treff könnt Ihr das Interview nachhören.

SPD: Mehr Barrierefreiheit in Hamburg

Erhalt des Blindengeldes, mehr barrierefreie U-Bahnhöfe, mehr Hörfilme im NDR. Das sind nur einige Versprechen der SPD Hamburg an die rund 3.000 blinden und schätzungsweise 50.000 sehbehinderten Menschen in der Hansestadt. Anlässlich der Wahl von Olaf Scholz zum Hamburger Bürgermeister am Montag hat der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH) auf seiner Homepage die Standpunkte der Sozialdemokraten noch einmal zusammengestellt. „Was wir vor der Wahl versprochen haben, wird auch gemacht“, hat Scholz immer wieder betont. Wir vom BSVH werden die Umsetzung der Ankündigungen aufmerksam, kritisch und konstruktiv begleiten.

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